Zu Neujahr künstlerisch erste Wahl

Das Silvesterkonzert in Sankt Maria ist zu einer Institution geworden. Der Vorsitzende des Vereins Schramberger Orgelkonzerte , Gebhard Pfaff, freute sich in seiner Begrüßung über die voll besetzte Kirche und hieß auch die Interpreten des Silvesterkonzerts besonders willkommen: Das Bläserquintett "neoBrass" mit Wataru Takagi und Rainer Benner, Trompete,; Andreas Spiegelhalder, Posaune und Euphonium; Takako Yamanoi, Horn, und Markus Pfundstein, Tuba, sowie Frank Rieger, Orgel. Alle Interpreten sind in der Raumschaft durch zahlreiche Konzerte und ihre Lehrtätigkeit an benachbarten Musikschulen bekannt, zumal Rainer Benner und Markus Pfundstein aus Schramberg stammen.  

Mit dem "Feierlichen Einzug" von Richard Strauss (Arr. Max Reger) wurden die Zuhörer vom Ensemble und der Orgel festlich begrüßt und eingestimmt. In der hervorragenden Akustik der Pfarrkirche St. Maria konnte sich der Wohlklang der lupenrein gestimmten Blechblasinstrumente herrlich entfalten und das Stück gab jedem Instrument Gelegenheit, sich einzeln vorzustellen. In die Zeit des Frühbarock gingen die Musiker bei der "Battle Suite" von Samuel Scheidt, arrangiert für Blechbläserquintett von Philip Jones. Die einleitende Galliard Battaglia im fröhlich wirkenden Dreier ließ die Schlacht mit Trompetentremoli und rasanten Läufen in technischer Perfektion eher wie eine heitere Jagd erscheinen. 

Anders die "Courant Dolorosa" im schmerzlichen Moll, die sehr langsam und würdevoll voranschritt und in ihren steigenden Sequenzen immer mehr an Ausdruck gewann. Bei der Canzon Bergamasque verliehen die Instrumente, allen voran die strahlenden Trompeten, einer liedhaften Melodie durch Ober- und Unterstimme, Rhythmuswechsel und Echospiel immer neue Varianten. In diesen festlichen Rahmen passte auch hervorragend das bekannte Präludium in Es BWV 552,1 von J. S. Bach mit seiner transparenten Struktur und dem kunstvollen Perpetuum mobile, das Organist Franz Rieger in seinem virtuosen Spiel mit punktierten Melodiebögen am Laufen hielt. 

Ein neues Klangerlebnis bescherten die Musiker den Zuhörern mit der Aufführung der darauffolgenden Fuge in Es-Dur BWV 552,2 in einer Bearbeitung für Blechbläser-Ensemble aus der Feder des Trompeters Wataru Takagi. Durch den differenzierten Klang der einzelnen Instrumente kamen die kanonischen Einsätze bei dieser Fuge besonders gut zur Geltung. Die Zusammenfassung der Einzelstimmen besorgte die virtuose Orgel. Im weiteren Verlauf entfaltete jedes der Instrumente seine spezifische Klangqualität und die leuchtenden Oberstimmen im Kontrast zu den sonoren Unterstimmen schufen ein opulentes festliches Klangerlebnis. 

Auch im zweiten Teil des Konzerts mit modernen Komponisten begegneten die Zuhörer herrlichem Wohlklang und wunderschönen Harmonien. Tiefer Ernst, aber auch große Schönheit kennzeichneten das transskribierte Adagio von Samuel Barber, bei dem in einem feierlichen Aufstieg Trompete und Horn einen Dialog führten. Mit einer zu Herzen gehenden Melodie in der wunderschönen Zweistimmigkeit der Trompeten rührte das Bläserensemble beim "Concerto de Aranjuez" von Joaquin Rodrogo, wiederum arrangiert vom Ensemblemitglied W. Takagi, in den Zuhörern ganz feine innere Saiten an. Es war ein Bad im reinen Wohlklang, an dessen Ende das Dur stand. 

Beim "Concert Rondo" von Alfred Hollins stimmte Frank Rieger an der Walcker-Orgel mit dem Zungenregister eine volksliedhafte tänzerische Melodie an, aus der sich ein Wechselspiel entwickelte. In leuchtenden Sequenzen schraubte sich das Rondo-Thema immer höher bis zum triumphalen Finale. Gemeinsam ließen die virtuosen Musiker mit der Hornistin als einziger Frau im Ensemble das Finale aus der "Symphonischen Suite" von Traugott Fünfgeld erklingen und wer beim Geburtsjahr des Komponisten 1971 schräge Dissonanz vermutet hatte, wurde bei den herrlichen Harmonien rasch eines Besseren belehrt. Die Orgel verband die einzelnen Teile und lieferte den harmonischen und rhythmischen Hintergrund. Besonders zur Geltung kam die Tuba in starker Bewegung, die mit den Oberstimmen kontrastierte. Die Trompeten versilberten den Klang der vom Horn vorgetragenen Melodie. In einer atemberaubenden grandiosen Steigerung ließen die Instrumente den Kirchenraum erbeben. 

Die bewegten Zuhörer waren sich bei ihrem lang anhaltenden Applaus im Stehen einig, dass sie keine bessere Wahl hätten treffen können als dieses herausragende Silvesterkonzert. Die Interpreten bedankten sich zum Abschluss mit der ergreifenden schottischen Weise "Highland Cathedral".

Schwarzwälder-Bote, 02.01.2015